Wie wohnten die Menschen in der ländlichen Oberpfalz gestern und heute?

Wohnst du noch oder lebst du schon? 

Spätestens seitdem Möbel aus schwedischer Massenproduktion Stadt und Land erobert haben, bedeutet Wohnraum nicht mehr nur schlichte Zweckmäßigkeit, sondern ist auch Ausdrucksform unserer Persönlichkeit und Lebensphilosophie. Seit wann wohnen wir so? Oder war das schon immer so? Die Vorstellung von richtigem oder gutem Wohnen wandelt sich ständig, beeinflusst durch gesellschaftliche Trends, technologische Entwicklungen und individuelle Präferenzen. 

Im fächerübergreifenden Schulprojekt „1800 – Wohnen auf einem Oberpfälzer Bauernhof“ begaben sich die Kinder einer 5. Klasse an der Max-Ulrich-von Drechsel Realschule Regenstauf (VDR) auf die Spuren ihrer Vorfahren und ergründeten, wie sie wohnten und lebten. 

Recherche, Zeitzeugenbefragungen und Fachgespräche mit Experten 

Die Klasse wollte herausfinden, wie die Menschen in der Gegend vor rund 200 Jahren lebten und welche Unterschiede es zu heute gibt. Dazu wurde ein denkmalgeschützter Bauernhof und das Freilichtmuseum Oberpfalz genauer unter die Lupe genommen.  

Im Zuge der ersten Projektphase, der Recherche, konnten die Kinder erkennen, dass Geschichtsschreibung nur ein Annäherungsprozess an die tatsächliche historische Realität darstellt. Gemeinsam entdeckte die Klasse, wie die Menschen früher im Vergleich zu heute auf einem Oberpfälzer Bauernhof gelebt haben. Nach einer ausführlichen Stoffsammlung und Zeitzeugenbefragungen durch die Schüler*innen wurde Herr Dr. Hammerl vom Freilichtmuseum Oberpfalz eingeladen. Gemeinsam entwickelten sie Forscher*innenfragen und Ideen für einen Audioguide. Die Deutschlehrkraft Frau Then unterstützte didaktisch, damit die Schüler*innen die Bedeutung von Objekten für die Interpretation von Geschichte sowie den Unterschied zwischen “Geschichten” und “Geschichte” besser verstehen lernten.   

Projektname:

Wie wohnten die Menschen in der ländlichen Oberpfalz gestern und heute? / Erstellung eines Audioguides 

Schulform:

RS

Angebotsformat:

gebundener Ganztag

Sparte:

fächerübergreifend

Kooperation:

Max-Ulrich-von Drechsel Realschule Regenstauf (VDR), Freilandmuseum Oberpfalz

gefördert durch:

Förderverein der Schule und Eltern;

Museumsleistungen waren gratis

Zeitraum, Ort:

2023, Regenstauf

Frequenz:

Workshop- und Projekttagformat 

Zeitaufwand:

6 Monate

Weitere Infosganzjährig, einmal wöchentlich:

1800 – Wohnen auf einem Oberpfälzer Bauernhof (freilandmuseum-oberpfalz.de)

Podcast MOSAIK

Jetzt in die passende Folge aus unserem Podcast “MOSAIK – Perspektiven der Kulturellen Bildung” reinhören!

Geschichte selbst erzählen – mit Text, Ton und Bild 

Während der zweiten Phase, der Text-, Audio- und Bildproduktion, erfuhren die Schüler*innen dann selbst die Herausforderungen der Vermittlungsarbeit: Wie kann man komplexe Sachverhalte im Rahmen eines gewählten Formats allgemeinverständlich darstellen? Welches Wissen kann ich beim Rezipienten voraussetzen, was muss ich erklären? Welche Dramaturgie wähle ich für meine Inhalte? Feste Themen/Raum-Gruppen untersuchten historische Ensembles wie das Freilandmuseum oder das Bauernmuseum Perschen. Mittels Audioguides, virtueller Rundgänge und eines Besuchs wurden Zimmer erkundet und Inhalte für den eigenen Audioguide entwickelt. Zudem entstand die Idee, den Wandel des Wohnens auch optisch mittels Interventionen darzustellen, wozu passende Märchen zu den Themenfeldern gesucht wurden. Weil die Klasse feststellte, dass das Wohnen ganz eng mit der Ausstattung der Räume zusammenhängt, wurden einzelne Objekte noch genauer unter die Lupe genommen. Hier unterstützten Museumsmitarbeiter*innen tatkräftig.  

Die eine oder der andere wird überrascht sein, dass es früher statt einer Speisekammer eine Brotkammer, eine Krautkammer und eine Fleischkammer gab. Oder dass man an unterschiedlichen Orten gekocht hat. Dieses und viel mehr ist nachzuhören im Audioguide des Freilichtmuseums Oberpfalz.

Raus aus der Schule – rein in die Museen 

Das Kooperationsprojekt der Realschule mit dem Freilichtmuseum Oberpfalz ist ein gelungenes Beispiel für eine starke Verschränkung von außerschulischer und schulischer Kultureller Bildung. In dem fächerübergreifenden Schulprojekt wurden Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Kunst geschickt miteinander verwoben und kreativ im Audioguide verarbeitet. Dabei zeigte sich, dass die Fragestellung des Wohnens im ländlichen Raum zur interkulturellen Verständigung beigetragen hat.  

Das Freilandmuseum Oberpfalz bietet Schulen neben den klassischen museumspädagogischen Formaten wie Führungen oder Workshops auch längerfristige Kooperationsprojekte an. Schüler*innen wird so die Möglichkeit gegeben, das Museum in einem möglichst autonomen Prozess zu erkunden, dabei selbst Erkenntnisse auf Basis ihrer individuellen Perspektive zu gewinnen und diese mit der eigenen Lebenswirklichkeit abzugleichen. Letztlich wird mit der Veröffentlichung des Audioguides die Arbeit der Schüler*innen zu einem Teil des Museums und damit dem klassischen und hierarchisierte Spannungsfeld zwischen Museum als Institution auf der einen und Schüler*innen auf der anderen Seite entgegengewirkt.  

Alle Fotos: © Sonja Then

Audioguide des Freilichtmuseums Oberpfalz

Was die Schüler*innen der Max-Ulrich-von Drechsel Realschule Regenstauf in Kooperation mit dem Freilichtmuseum Oberpfalz geschaffen haben, ist im Audioguide nachzuhören.